Auf den Hund gekommen

Auf den Hund gekommen 

Ich freue mich schon darauf die zukünftigen Besitzer unserer Welpen kennen zu lernen und wir werden alles dafür tun, dass die Welpen, wenn sie in der 9. Lebenswoche bei uns ausziehen gut geprägt bei ihren Familien einziehen können. Durch die Eltern der Welpen und die Aufzucht wird ein kleiner Grundstein gelegt. Dieser Grundstein muss aber in den folgenden 3 Jahren gefestigt werden. Und dies ist in der Tat eine echte Aufgabe und mit viel Zeitaufwand verbunden. Wenn Sie willens sind diese Zeit zu investieren und neben Zeit auch noch die Liebe zum Hund, Humor, Lernbereitschaft und ein hohes Verantwortungsbewusstsein mitbringen, sollte dem nichts im Wege stehen. 

Unsere Welpen werden nicht in Zwingerhaltung abgegeben oder um ihr Leben wachend auf einem Grundstück zu verbringen. 
Nachfolgend habe ich einige Erlebnisse und Gedanken der letzten Jahre zu "Papier" gebracht. 

Die ersten 2,5 Jahre mit meinem ersten Hund, einem Hovawart waren geprägt durch Lernen. Ich hatte den festen Vorsatz unseren Satchmo zu einem überall gern gesehenen Hund zu erziehen. Die Bücher, die ich im Vorfeld und während dieser Zeit gelesen haben, waren gute Ratgeber. Aber reine Theorie. Die Praxis und der Alltag machten dies nur allzu deutlich. Im Laufe dieser Zeit bin ich sehr schnell dazu über gegangen meinem Bauchgefühl zu vertrauen und nicht alles was ich las und was man mir sagte, für bare Münze zu nehmen. Jeder Trainer hatte seinen eigenen Plan und oft erhielt ich sehr unterschiedliche Ratschläge von ihnen. Und nicht alles passt auf jeden Hund. Aber ich habe von jedem etwas mitgenommen! 


Im Übrigen habe ich auch gelernt, dass all das gelernte für die Erziehung einer jeden Hunderassen gilt. Nur ist die Erziehung manch eines anderen Hundes, ob Rassehund oder nicht, nicht immer so langwierig und mit so viel Aufwand verbunden. Der Hovawart ist ein Spätentwickler, so dass man sich auf 2,5 bis 3 Jahre einstellen muss. 


Wie meinte meine erste Trainerin zu mir: „Die Zeit, die du in den ersten Jahren investierst, geben dir in den verbleibenden 10 bis 12 Jahren einen ganz wunderbaren vierbeinigen Partner an die Seite.“ Danke dir Claudia Wagner, du hattest vollkommen Recht! Ich genieße jede Sekunde mit meinen beiden Hovawarten!


Auf meinen täglichen Spaziergängen begegne ich vielen verschiedenen Hundehaltern und Hunden. Eine meiner liebsten Beschäftigungen ist es diese Mensch-Hund-Teams zu beobachten. Es ist fast als lese man ein Buch. 


Der ältere Herr, der immer große und schwere Hunde hatte, geht mit seiner jungen Golden Retriever Hündin völlig entspannt seiner Wege, sie macht derweil was sie möchte. Dies macht sie auch, wenn dann doch mal ein Fahrzeug auftaucht. Nur Herrchen verliert dann sehr schnell seine Gelassenheit und hat dann echte Panik, wenn er sie nicht abrufen kann, um sie aus der Gefahrenzone zu holen. 


Die Frau, die mit ihrer Boxer- und Schäferhündin per Fahrrad unterwegs ist. Taucht sie auf, lege ich meine beiden ab, da beide Hündinnen sehr unsicher sind. Beide haben einen hohen Stresspegel bei Hundebegegnungen. Doch ihr Frauchen fährt immer einfach weiter und bemerkt dies scheinbar nicht. 


Die geselligen Rudel-Gassi-Geher. Jeden Morgen treffen sie wie durch Zufall auf einander. Bis 5 bis 8 Menschen mit 5 bis 10 Hunden gemeinsam unterwegs sind. Dies funktioniert auch ganz wunderbar solange sie nicht auf andere Hunde stoßen, die dann zumeist auch noch allein mit Herrchen oder Frauchen unterwegs sind. Ich erspare meinen den Stress des aufeinander Treffens, auch wenn sie es meistern würden und schlage einen Bogen. 


Zu meiner Erleichterung, treffe ich sehr selten auf Kinder im Alter bis 14 Jahren, die den Hund meist am Wochenende morgens im Park ausführen. Sollte es doch mal vorkommen, lege ich meine beiden ab und nehme Rücksicht darauf, dass ein Kind zumeist keine Kontrolle hat über seinen Hund und eine Hundebegegnung. Warum? Stellen sie sich vor, dieser andere Hund ist jung, ängstlich, unsicher oder auch einfach eine andere Gewichtsklasse. Wer bietet diesem dann Sicherheit und Schutz? Meine beiden würden ihm nichts tun aber das weiß er ja nicht. 


Die Chihuahua Fraktion. Immer wieder ein köstliches Highlight für mich. 4 dieser 2,5 kg schweren Hunde laufen kläffend auf mich und meine angeleinten Hovis zu. Ein echtes Spektakel. Ich grinse das Frauchen an, wir nicken kurz übereinstimmend und ich leine einen von meinen beiden ab. Die Vollbremsung und die Stille sind zum Piepen. Wir gehen dann entspannt aneinander vorbei und meine beiden beachten die Lütten gar nicht. 


Das Treffen auf die Chihuahua Fraktion ist aber für so manch anderen Hundehalter ein echter Albtraum. Sie haben Hunde an der Leine, die dieses unsoziale und ungehobelte Verhalten der Minis nicht dulden wollen und denen auch von der Leine aus, nur zu gern mal Erziehung angedeihen lassen wollen. Je nach Hund stellt das die Halter vor eine echte Herausforderung. Leider ist Chihuahua-Frauchen nicht zugänglich für die Bitte, ihre doch dann abzurufen und anzuleinen. 


Apropro Albtraum! Mein bisher schlimmsten Erlebnis. Ich laufe ausnahmsweise mal mit jemanden und wir quatschen und sind abgelenkt von den Dingen um uns rum. Satchmo startet durch, da er in der Ferne meint seinen liebsten Kumpel zu sehen (da war er ca. 1,5 Jahre alt). Die Joggerin, die uns kurz zuvor überholt hat biegt ab und läuft nun genau zwischen eben diesem Hund und Satchmo. Sie ahnen es! Satchmo nimmt den direkten Weg. Er rennt sie über den Haufen und sie fällt rückwärts auf den Weg. Mir wird immer noch schlecht bei dem Gedanken, was hätte sein können. Bis auf Prellungen und einem riesen Schreck ist nichts passiert. Nachdem wir erste Hilfe geleistet haben und zusammen auf einer Bank sitzen, meint sie doch tatsächlich zu mir, nach meiner gefühlten 100ten Entschuldigung: „Ich bin so froh, dass ihr Hund nur zu dem anderen Hund wollte und nicht mich im Visier hatte.“ Wir waren noch lange im Kontakt danach und der große Schlemmerkorb und die Blumen, die ich ihr geschickt habe, haben dann auch mein schlechtes Gewissen irgendwann beruhigt. 


Wir begegnen natürlich auch Joggern, Spaziergängern und Radfahren (Reiz) Hier hat sich ein Ratschlag aus einem Buch besonders bezahlt gemacht: „Holen sie den Hund zu sich, setzen sie ihn ab, stellen sie sich zwischen ihn und den Reiz und lassen sie ihn vorbei, bevor sie weiter gehen.“ Gerade bei einem Welpen und Junghund ein wertvoller Rat! Sie lernen Impulskontrolle, können nicht verletzt werden und werden später nie solche Reize versuchen zu jagen. Das Wertvollste aber – sie selbst kontrollieren die Situation und sorgen für die Sicherheit aller Beteiligten. Je nach Reiz, praktiziere ich dies immer noch. Aber meist rufe ich sie auch einfach nur zu mir, bis der Reiz vorbei ist. Sie glauben nicht wie viel Dank ich schon von ängstlichen Spaziergängern dafür bekommen habe. 


Die Ursache meines größten Anfängerfehlers kam auch aus einem Buch. „Es ist wichtig, dass ihr Hund viel Kontakt zu anderen Hunden hat, um sozialverträglich zu werden.“ Tja, die Fehlinterpretation dieses Ratschlags hat mich einige graue Haare, sehr viele peinliche Momente und viel Zeit gekostet, da Satchmo im Alter ab ca. 7 Monaten nun meinte zu jedem Hund zu dürfen, der am Horizont erscheint. Bis ich das so steuern konnte, dass Satch erst das OK bei mir einholt, vergingen weitere 2 Jahre und viele Spaziergänge an der Schleppleine. 


Der Freilauf meiner beiden Hovis, endet immer für einen von beiden (im Wechsel), wenn ein Hund unseren Weg kreuzen wird. Zwei Hovis für einen Hund ist einer zu viel. Die Ausnahme bildet ein potenter Boxer. Anton ist der coolste Hund den ich kenne. Ein echtes Ausnahmeexemplar. Er bleibt einfach stehen und guckt meinen heranstürmenden Hovis entgegen. Was für eine Präsenz! Eine kleine Bewegung seines Kopfes und meine beiden kommen staubwirbelnd kurz vor ihm zum Stehen und lecken seine Lefzen. 


Die Körpersprache der Hunde. Alle die bereits Hunde haben oder hatten, wissen auf was ich hinaus möchte. Wer die Körpersprache von Hunden lesen kann, meistert alle Hürden. Für mich schlichtweg das non plus ultra. Ich gebe zu, es ist schwierig und manchmal fast unmöglich alles gleichzeitig wahrzunehmen: Körper-, Ohren-, Ruten- und Kopfhaltung und Gesichtsmimik von Stirn und Lefzen und auch Hecheln oder der Einsatz der Zunge. Aber man kann es üben. Erst achtet man auf nur ein Detail, dann auf zwei und so weiter. Das lesen der Körpersprache macht die Hundeerziehung fast zu einem Kinderspiel (natürlich neben anderen Dingen!). Hier einige Beispiele:

 

  • Übt man bei einer Übung zu viel oder zu wenig Druck aus? 
  • Versteht der Hund was man von ihm möchte? 
  • Mag er das, was man gerade mit ihm tut? 
  • Geht es ihm schlecht? 
  • Geht es ihm gut? 
  • Müsste er kurz mal eine Auszeit bekommen? 
  • Ist er über- oder unterfordert? 
  • Sollte man diese Hundebegegnung zulassen? 
  • Sollte diese Hundebegegnung lieber abgebrochen werden? 
  • und vieles mehr...

 

Wenn man sich dieses Wissen durch Beobachtung aneignet, macht es das Leben mit dem Hund einfach. Ich gebe zu, mein größtes Steckenpferd. 


Ups, ist doch etwas länger geworden. Dankeschön, wenn Sie bis hier durchgehalten haben. 


Es grüßt herzlich


Gudrun Graham

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